Arbus Newsletter 3/2018
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Bundesgesetz für elektronische Medien: Ein Anfang ist gemacht
Mit einem neuen Gesetz soll das Radio- und Fernsehgesetz abgelöst werden. Das drängt sich darum auf, weil die fortschreitende Digitalisierung nicht nur Medienangebote sondern auch deren Nutzung verändert. Die Krux ist wie immer: bis zur Inkraftsetzung wird es dauern.
Nach der No-Billag Inititative ist das BGeM ein weiterer medienpolitischer "Höhepunkt" des Jahres. Der Gesetzesvorschlag ist gleichzeitig der letzte aus dem UVEK unter Bundesrätin Leuthard.
Wohl zum letzten Mal werden Sie auch die Abkürzung RTVG zu lesen bekommen; künftig ist es dann das BGeM (Bundesgesetz über elektronische Medien), das uns umtreibt. Grundsätzlich ist der Inhalt des Gesetzes ein Schritt in die richtige Richtung; ein Gesetz, das sich nur mit Fernsehen und Radio befasst, ist alles andere als noch zeitgemäss.
Das BGeM beinhaltet Regelungen für alle sogenannten Medienangebote, die aus Audio- und audiovisuellen Medienbeiträgen bestehen. Die SRG und die privaten Radio- und Fernsehanbieter mit einem Leistungsauftrag können deren Angebot auch „On Demand“ verbreiten und Onlineangebote und lineare Sender werden gleichwertig behandelt.
Aus Sicht des ARBUS wird der weiterhin wichtige Service-public-Auftrag der SRG deutlicher formuliert. Der ARBUS hat sich in der Vernehmlassung über die SRG-Konzession dazu geäussert. Positiv ist zu vermerken, dass im Gesetz auch „Online“ einen Platz einnimmt und dass Leistungsaufträge für private Anbieter nicht nur für regionale Infoleistungen sondern auch für Angebote für bestimmte Bevölkerungsgruppen und partizipative Medienangebote möglich sein werden. Neu wird im Gesetz auch eine vom Staat unabhängige Aufsichtsbehörde vorgeschlagen (KOMEM) und es sollen Förderbeiträge an Nachrichtenagenturen möglich sein.
Nach diversen Workshops, an welchen ich in den vergangenen Wochen teilgenommen habe und auch intern beim ARBUS, komme ich aber doch zum Schluss, dass - im Hinblick auf die noch weitere Digitalisierung - das vorgeschlagene Gesetz zögerlich ausgefallen ist. Weil im Gesetzesvorschlag – wohl unter dem Druck der Verleger – in diversen Passagen immer wieder die Formulierung eingeflossen ist, dass sich geförderte Angebote „im Wesentlichen auf Audio- und audiovisuelle Beiträge“ beschränken müssen, schliesst es leider reine Onlineangebote ganz aus. Auch wenn Gesetze Kompromisse darstellen und solche Teil unserer Ausgleichsdemokratie sind, ist die Nichtberücksichtigung reiner Onlineangebote eine verpasste Chance. Im Hinblick auf die Förderung von starkem Regional- und Lokaljournalismus wäre durchaus mehr dringelegen.
Ein zweiter Ansatz, welcher der Gesetzesvorschlag verfolgt, muss aber unbedingt aus dem Gesetz gestrichen werden: Radios ohne Leistungsauftrag – von denen es zwischenzeitlich schon viele gibt – fallen künftig gar nicht mehr in den Geltungsbereich des Gesetzes. Während für Fernsehsender ohne Leistungsauftrag bestimmte Grundsätze gelten - darunter fallen beispielsweise sachgerechte Darstellung von Tatsachen und Ereignissen, Jugendschutz aber auch Verbote von politischer und religiöser Werbung – werden diese Radios in eine fragwürdige Freiheit entlassen.
Bedauerlicherweise – aber aus der Anlage des Gesetzes zu verstehen – regelt der Gesetzesentwurf auch nicht die Posttaxenverbilligung für Presseerzeugnisse. Es zeigt auch keine Möglichkeit auf für Verleger den aus Sicht des ARBUS wichtigen Transport von Informationen zum Nutzer auf eine neue Grundlage zu stellen.
Dem Arbus stellt sich somit die Frage, ob nicht eine Änderung von Art. 93 der BV als nächstes in Angriff genommen werden muss und ob der Bund nicht Anstrengungen einleiten muss, internationale Unternehmen wie Google, Facebook etc. zu besteuern und deren Einnahmen einem schweizerischen Medienförderungsfonds zuzuweisen.
Der ARBUS hat für die Ausarbeitung seiner Vernehmlassungsantwort viel Zeit investiert und zusammen mit anderen Organisationen und politischen Parteien korrigierende, innovative und möglicherweise auch provokative Aspekte in seine Vernehmlassung aufgenommen. Ob diese in das neue Gesetz, das BGeM, einfliessen werden – ganz im Sinne eines jeden Vernehmlassungsprozesses – werden wir sehen.
Wir freuen uns wie immer auf Ihre Rückmeldungen (an info@arbus.ch) und wünschen Ihnen viel Lesevergnügen.
Daniel Römer, Präsident ARBUS Schweiz
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Medienmitteilung zum neuen Mediengesetz
Die Schweiz braucht ein mutigeres Mediengesetz
Gemeinsame Medienmitteilung von Arbus, fög, impressum, media FORTI, Médias pour tous, SGB, SSM, Suisseculture, Syndicom, UNIKOM und Verband Medien mit Zukunft.
Das neue Bundesgesetz über elektronische Medien bringt wichtige Neuerungen. Doch zur Erhaltung einer starken Medienlandschaft im digitalen Zeitalter reichen die Vorschläge bei weitem nicht aus.
ARBUS Vernehmlassungsantwort zum BGeM
Die Ablösung des RTVG: viele Fragen und viele Stolpersteine hin zum BGeM
Die ausführliche Vernehmlassungsantwort des Arbus zum neuen Bundesgesetz über die elektronischen Medien:
ARBUS Vernehmlassungsantwort zum neuen Mediengesetz
Arbus-Wellenbrecher
Die Themen:
- Kommentar zum neuen Mediengesetz (von Daniel Römer)
- Die Billag wird abgelöst durch SERAFE
- Kommentar: Radio zügelt von Bern nach Zürich (von Daniel Römer)
- Buchtipp: Fit für die neue Medienwelt. Erziehung in Zeiten des Datenjournalismus
(von Kurt Seifert) - ARBUS Vernehmlassungen
- UKW in Norwegen abgeschaltet. Wo sind die HörerInnen hin?
- Das Medien ABC: Streaming
Jahrbuch 2018 zur Medienqualität
Die Schweizer Medien stecken in einer Negativspirale
- Die Schweizer Informationsmedien haben wegen Werbegeldern, die Google, Facebook und Co. zufliessen, weiter an Boden verloren.
- Es zeigt sich eine besorgniserregende Medienkonzentration, die zu einem markanten Vielfaltverlust in der Berichterstattung führt.
- Dies geht aus dem Jahrbuch 2018 "Qualität der Medien" des Forschungsinstituts Öffentlichkeit und Gesellschaft der Universität Zürich hervor.
Eines der Hauptprobleme der Schweizer Medien heisst Google. Denn der Suchmaschine fliessen immer mehr Werbegelder zu – inzwischen schon Dreiviertel der gesamten Budgets für Onlinewerbung. Das sind fast 1,5 Milliarden Franken, die nicht bei Ringier, Tamedia oder der NZZ landen und somit nicht mehr in der Schweiz bleiben.
Als Folge dieser «Plattformisierung» – das heisst, des weiter zunehmenden Einflusses von Google und Facebook – befänden sich die Schweizer Informationsmedien in einer Negativspirale, so die ernüchternde Bilanz des Jahrbuchs.
Der Anteil journalistisch Beschäftigter sinkt seit Jahren kontinuierlich, während der Anteil der Berufstätigen im PR-Sektor ebenso kontinuierlich wachse.
Weniger Ressourcen, weniger Qualität: Auf diese einfache Formel bricht Mark Eisenegger, Professor für Medienwissenschaften an der Universität Zürich, die aktuelle Entwicklung herunter: «Die Perspektivenvielfalt und das Themenspektrum nehmen am stärksten ab, und auch die Einordnungsleistung, die Ursachen- und Wirkungszusammenhänge aufzeigen soll, leidet.»
Dass die Vielfalt leide, habe insbesondere mit der «besorgniserregenden Medienkonzentration» zu tun. So beliefert seit diesem Jahr eine Zentralredaktion alle Deutschschweizer Zeitungen von Tamedia, also etwa den «Tages-Anzeiger», den «Bund» und die «Berner Zeitung» und diverse weitere Zeitungen. Seither werde in allen diesen Zeitungen meist die gleiche Abstimmungsempfehlung abgedruckt.
Weniger Vielfalt, das sei auch ein politisches Problem, sagt Eisenegger: «Wenn ich nur noch mit wenigen Meinungen konfrontiert werde, dann leidet mein Meinungsbildungsprozess.» Das sei ein Nachteil für die Demokratie.
Und es gibt noch eine weitere Entwicklung, die dem Medienwissenschaftler Sorgen macht: Im Jahr 2018 erreicht die Gruppe der sogenannten News-Deprivierten – Personen, die News nur noch sporadisch und von zumeist minderer Qualität konsumieren – einen Rekordwert von 36 Prozent.
Sie ist damit die mit Abstand grösste Mediennutzungsgruppe in der Schweiz, und sie wächst weiter. Bei den jungen Erwachsenen gehört schon jeder Zweite dazu. Jene Gruppe ist auch am wenigsten gewillt, für News zu bezahlen, und die Bindung an traditionelle Medienmarken ist entsprechend tief.
Aber auch einzelne Schweizer Verlagshäuser setzten dem System der Informationsmedien zu. Sie richteten ihre Strategien partiell auf den nicht publizistischen Bereich aus und stellten – teilweise ohne Not, das heisst trotz erheblicher Unternehmensgewinne – nicht lukrative publizistische Einheiten ein, stossen diese ab oder fassen sie in Verbundsystemen zusammen.
Angesichts der Entwicklung bezeichnen die Autoren es als bemerkenswert, dass die Medienqualität in der Schweiz nach wie vor hoch sei. Doch: sie sinke.
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