Arbus Newsletter 2/2016
Liebes Arbus-Mitglied
Liebe/r Arbus-Interessent/in
Diesen Sommer wurden wir als Medienkonsument/innen und Bürger/innen – und natürlich auch die Journalist/innen – sehr gefordert.
Unter anderem Terroranschläge in Frankreich, Deutschland, der Türkei und auch eine tödliche Attacke in einem Zug in der Ostschweiz setzten die Medien sehr unter Druck. Einmal mehr zeigte sich dabei, dass heute kein Ereignis mehr ohne Augenzeugenberichte in den sozialen Medien auskommt. Und selbst sogenannt seriöse Medien verfallen dabei in einen ausgeprägten Aktionismus und Berichterstattungsrausch fast im Minutentakt.
Auch wenn ich natürlich sehr dafür bin, dass journalistische Medien über die Welt um uns herum berichten, hinterfrage ich, ob sensationsverfallene Tweets und Veröffentlichungen auf Facebook, welche dann von einigen Medien aufgenommen werden, nicht mehr Unsicherheit als Einordnung bringen. Wo bleibt denn die Zeit für Redaktionen Herausposauntes zu verifizieren? Und was bringt es, wenn TV-Nachrichtenkanäle Videos in Endlosschlaufen abspielen?
Ich bin sehr froh, dass zumindest einige – auch schweizerische Medien (darunter auch die SRG) – versuchen endlich Zurückhaltung zu zeigen. Die Chefredaktoren von Radio SRF und Fernsehen SRF haben offenbar, was den Umgang mit der Bilderflut von Tätern und Berichten über Amokläufe betrifft, interne Papiere veröffentlicht und auch der Tages-Anzeiger will – im Gegensatz zu anderen Printmedien - was Bilder anbelangt zurückhaltender werden. Dass der Tages-Anzeiger im Nachgang zum Tötungsdelikt in der Ostschweiz aber gleichwohl verleitet wurde ein völliges unnützes Täterbild des Nicht-Mörders der Zugsattacke breitzuschlagen, hat mich dann doch zu einer Intervention bei der dortigen Chefredaktion veranlasst. Reaktion Tagesanzeiger: wir haben vorher intern darüber geredet………….
Mir stellt sich ernsthaft die Frage warum viele Medien auf Amoktaten so schnell und ausführlich reagieren; eigentlich ist doch hingänglich bekannt, dass Menschen, welche Attentate verüben doch genau die dann gebotene Plattform suchen.
Ich hinterfrage auch, ob immer gleich Sondersendungen in die Programme aufgenommen werden müssen (Breaking-News abgesendet werden müssen) oder ob nicht häufig die eh schon vorhandenen Nachrichtengefässe der öffentlichen – wie auch privaten – Medien im Radio- und TV das Geschehen widerspiegeln können. Gleiches gilt natürlich sinngemäss für das endlose Veröffentlichen von Agenturmeldungen und Updates in den Onlinemedien.
Um es nochmals klar und deutlich zu sagen: es geht nicht darum, ob berichtet wird sondern wann, wie und wieviel. Mir scheint das Gut des seriösen Journalismus sehr ins Wanken geraten obwohl auch ich mir des zeitlichen Drucks in Redaktionen voll und ganz bewusst bin.
Ich plädiere darum für Zurückhaltung in der journalistischen Arbeit, viel Recherche, genaues Beobachten und regelmässiges Kommentieren. Denn es ist entscheidend, ob wir unsorgfältig und tendenziös informiert werden oder verantwortungsvoll und umfassend.
Und ich kann mir hier den Seitenhieb auf den aberwitzigen Artikel in der Weltwoche von Kurt W. Zimmermann nicht verkneifen in welcher dieser die SRG bezichtigt diesen Sommer den „falschen Sonnenschutzfaktor aufgetragen zu haben“. Das Schweizer Fernsehen – meint Herr Zimmermann damit die ganze SRG? - habe den "wichtigsten" Sommer seit dem Zweiten Weltkrieg verpasst weil sie nicht Tag und Nacht über Nizza, Türkei, Brexit und die Folgen, die Anschläge in Bayern, den Zustand der EU, Putin, Trump, Clinton und Aleppo berichtet habe. Die SRG und deren Journalisten hätten es verschlafen, die von ihr erwarteten Analysen und Erklärungen zu liefern.
Manchmal tut es einfach Not, nicht sofort hysterisch und vorschnell in die Welt hinauszuposaunen sondern zuerst einen Schritt zurück zu machen und nachzudenken. Denn unsere Medien haben eine zentrale Aufgabe in unserer Demokratie: sie sind Mittel und Werkzeuge, um die komplexen Realitäten zu verstehen und Widersprüche aufzudecken und nicht einfach planlos und ungefiltert öffentliche Diskussionen anzufeuern. Denn unsere Medien sind viel zu wichtig für unser Zusammenleben und beeinflussen nachweislich auch unser Handeln und Denken.
Danke, dass Sie uns als Mitglied oder mit einer Spende unterstützen damit auch die Stimmen von uns MedienkonsumentInnen weiter gehört werden. (Den Kommentar auf der Homepage lesen.)
Daniel Römer, Präsident
Ich will ARBUS-Mitglied werden
Medienqualitätsrating 2016
Kurz vor Redaktionsschluss unseres Newsletters wurde am 19. September im Landesmuseum in Zürich das erste Medienqualitätsrating präsentiert. Ich habe mich gestern unter die etwa zwei Dutzend Zuhörenden gemischt und mir die Hauptbefunde der Studie angehört und in der Studie geblättert.
Das Medienqualitätsrating will die Medienqualität in der Schweiz fördern und das Qualitätsbewusstsein bei den Medien selbst sowie bei den Mediennutzenden stärken. Zumindest sind dies die Ziele bzw. der Anspruch des Stiftervereins.
Mehrheitlich - so die Ergebnisse - wird die Qualität der Schweizer Informationsmedien von den Nutzenden als gut bewertet.
Bei den Tages- und Onlinezeitungen steht NZZ/nzz.ch auf dem Podest, bei den Sonntagszeitungen die «NZZ am Sonntag», bei den Boulevard- und Pendlerzeitungen 20minuten.ch und nicht ganz überraschend setzt unter den 43 bewerteten Deutschschweizer und Medien aus der Romandie das «Echo der Zeit» von Radio SRF den «Massstab punkto Medienqualität».
Auch wenn die Studie nicht wirklich sehr viel Neues oder Überraschendes bietet, empfehlen wir Ihnen die Hauptbefunde anzuschauen.
Arbus-Kommentar und Zusammenfassung Medienqualitätsrating 2016
Die Hauptbefunde des Medienqualitätsrating 2016
Die Ergebnisse auf einen Blick
Arbus Interventionen
Der Arbus hat bei Media Markt interveniert
Media Markt hat zu Beginn dieses Jahres mit einem TV-Spot um die Gunst von Kindern als KonsumentInnen gebuhlt. Der Arbus hat bei Media Markt aufgrund von diversen Rückmeldungen von besorgten Eltern mit Kindern bei Media Markt interveniert.
Arbus-Beschwerde gegen Media Markt TV-Spot
Media Markt dankt dem Arbus für den Denkanstoss
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Beschwerde bei der Lauterkeitskommission
Gemäss des Grundsatzes 5.7 der Lauterkeitskommission ist Werbung für quasimedizinische Erzeugnisse und Methoden unlauter. Der Arbus ist an die Lauterkeitskommission gelangt in Sachen TV-Spot für Vitaglucan.
Die Lauterkeitskommission hat die Beschwerde des Arbus gutgeheissen; der Hersteller hat aber gegen den Entscheid der Lauterkeitskommission Rekurs eingelegt. Bis Redaktionsschluss unseres Newsletters wurde noch nicht über den Rekurs entschieden.
Arbus Beschwerde wegen unlauterer Werbung
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Beschwerde gegen VISILAB
Von VISILAB läuft zurzeit ein TV-Kampagne, dass auf Brillengestelle ein Rabatt gewährt werde welcher dem Alter entspricht. Sie haben den Spot sicherlich auch schon x-Mal gesehen. Wir wurden von einer VISILAB-Kundin darauf aufmerksam gemacht, dass das Angebot Einschränkungen unterworfen sei, welche aus dem Spot nicht hervorgehe. Und siehe da: Der TV-Spot blendet nur während einer Sekunde etwas Unleserliches im Spot ein, was die Bedingungen zum Erwerb eines Brillengestelles ist. Unsere Intervention bei VISILAB ist Anfang September auf die Post gegangen. Bis Redaktionsschluss ist jedoch von VISILAB noch keine Reaktion eingegangen. Wir halten Sie auf dem Laufenden.
Der Arbus Wellenbrecher 1/2016
- Braucht die Medienkonsumforschung öffentliche Unterstützung?
- Forschungsprojekt "Radar Medienkritik" (von Mirco Saner, UNI ZH/IAW Winterthur)
- ARBUS Beschwerden bei Media Markt und Lauterkeitskommission
- EMEK Papier zu Service public Medien
- ARBUS Medienbeobachtungen
Eidgenössische Medienkommission (EMEK)
Die EMEK hat seit deren Bestehen nicht nur viele Exponenten aus der Medienwelt angehört sondern auch einiges an lesenswertem Papier produziert. Die Arbeit lässt sich durchaus sehen.
Diskussionspapier der EMEK zur Medienförderung
Stellungnahme des ARBUS zum Service public
Der Service public Bericht des Bundesrates
Radio für eine bessere Zukunft
Stimme für die indigene Bevölkerung in Peru
Die alltägliche Diskriminierung der indigenen Bevölkerung sitzt nach wie vor tief in der peruani-schen Gesellschaft. Die gilt auch für das Bildungssystem, da die Realität der Kinder in den Berg-gebieten ignoriert und diese von einem erfolgreichen Bildungsweg ausschliesst.
Im peruanischen Bergland ist das Medium Radio auch heute noch die wichtigste Informationsquelle. Sei es bei der Feldarbeit, unterwegs mit den Lamas oder natürlich auch zu Hause: überall hören Menschen Radio.
EcoSolidar, eine Entwicklungsorganisation mit Ursprung in der Selbstverwaltungs- und Ökologiebewegung, unterstützt ein Radioprojekt in Peru in welchem sich Schulkinder mit ihrer Kultur auseinandersetzen und ihr Wissen und ihr Selbstbewusstsein stärken.
Der Arbus findet das EcoSolidar-Radioprojekt in Peru sehr unterstützenswert; es entspricht denn ganz den Grundsätzen des Arbus. Genaueres zum Radioprojekt in Peru findet sich auf der EcoSolidar-Homepage; dort ist es auch möglich das Projekt finanziell zu unterstützen.
Wie viel Geld geben SchweizerInnen für Medien aus?
Im Jahr 2015 zeigt der Medienmarkt Schweiz sowohl bei den Ausgaben der Nutzenden wie auch bei den Werbeinvestitionen eine leicht sinkende Tendenz. Nach der umsatzmässigen Boom-Phase seit der Einführung von Smartphones und Tablets fehlen die Innovationen, die grosse Wachstumsschübe auslösen könnten.
Die Ausgaben für Medieninhalte sind nach wie vor am bedeutendsten, die intensive mobile Nutzung medialer Inhalte spiegelt sich auch in den stark wachsenden Ausgaben für Downloads, Streaming und Apps. Ebenfalls mehr Budget wurde für Access ausgegeben, also Zugangswege zu digitalen Medien. Die Preise für Geräte für den Medienkonsum sanken und damit auch der Hardware-Umsatz.
Der Schweizer Medienmarkt ist geprägt von einer intensiven Mediennutzung, der Parallelkonsum der Medien bestimmt den Tagesablauf, die Zahl der Medienangebote nimmt zu. Die Schweizer Bevölkerung verfügt über eine im internationalen Vergleich hochwertige Medienausstattung, speziell auch bei mobilen Geräten und leistungsfähigen Breitbandnetzen.
Insgesamt gaben die Schweizer im vergangenen Jahr über 10 Milliarden für den Medienkonsum aus. In den vergangenen zehn Jahren war dabei nur ein Bereich rückläufig: Zeitschriften und Zeitungen. Die Presseabos kamen nur noch auf knapp 1.5 Milliarden, was rund eine halbe Milliarde weniger als vor zehn Jahren bedeutet.
Mediennutzungsverhalten von in der Schweiz lebenden Kindern
Medienerfahrungen für Kinder sind Teil ihres Alltags und die grosse Mehrheit wächst in medial reich ausgestatteten Haushalten. Handy/Smartphone, Computer/Laptop, Internetzugang und Fernsehgerät sind in fast allen Haushalten vorhanden. Trotz des grossen digitalen Medienangebots ist aber Spielen die am häufigsten ausgeübte Freizeitaktivität von Kindern. Und: auch Hausaufgaben gehören zum Alltag der Kinder. Freunde treffen, Sport machen und etwas mit der Familie unternehmen werden etwa gleich häufig ausgeübt wie: Musik hören, Fernsehen und Bücher lesen.
Im Laufe der Primarschule verändert sich die Mediennutzung: Internet und Handy werden von älteren Kindern häufiger genutzt. Obwohl viele Kinder noch kein Handy besitzen oder auch keines regelmässig nutzen, rangiert das Handy auf Platz eins der liebsten Medien der Kinder.
Die Studie beleuchtet neben der Mediennutzung der Kinder zahlreiche Aspekte im Spannungsfeld Familie und Medien. Eltern und Kinder beeinflussen sich in ihrer Mediennutzung gegenseitig und nutzen oft die gleichen Medien ähnlich häufig, ausser Videogames.
Der ARBUS braucht Sie und Ihren Mitgliederbeitrag
Der ARBUS setzt sich kritisch mit Medien und der Mediennutzung auseinander. Das heisst wir nehmen Einfluss auf die Medienpolitik und setzen uns ein für die Erhaltung und Förderung gesellschaftspolitischer und kultureller Werte in den Medien.
Mit Fr. 30.-- Jahr als Einzelmitglied und Fr. 60.— als Kollektivmitglied reden Sie mit und unterstützen die älteste medienkritische Organisation der Schweiz.
Kennen Ihre Freunde den Arbus auch? Wenn nicht: Damit der Arbus noch mehr Mitglieder hat und mit der Stimme vieler Mediennutzer/innen spricht, machen Sie in Ihrer Umgebung auf den Arbus aufmerksam oder schenken eine Arbus-Mitgliedschaft.
Mit freundlichen Grüssen