Arbus Newsletter 1/2017
Liebes Arbus-Mitglied
Liebe/r Arbus-Interessent/in
Viele Medien klagen derzeit über leere Kassen und über Glaubwürdigkeitsverluste. Es gab Zeiten da waren Journalisten so etwas wie Helden(!). Wenn Herr Trump – seineszeichens Präsident der USA – Journalisten als "Feinde des eigenen Volkes bezeichnet" und ihm aber Millionen von Bürger/innen zujubeln, scheint mir einiges im Argen zu liegen. In den USA glaubt offenbar gerade noch eine von vier Personen den Medien und in unserem Nachbarland Frankreich sackte die Glaubwürdigkeit der Medien in kurzer Zeit um über 10 Prozent ab (immerhin vertrauen dort noch etwa die Hälfte der Leute dem Radio).
Diese beiden Beispiele sind nur zwei von weiteren, welche ich hier aufführen könnte. Komischerweise wollen aber doch – zumindest in den meisten Demokratien – fast alle freie, kritische und glaubwürdige Medien ohne die es ja auch keinen Rechtsstaat gibt, welche diesen Namen verdienen würde. Helfen tut allein der Wunsch nach „guten“ Medien aber leider nur wenig. Denn der Wunsch nach glaubwürdigen Medien wird auf mehrere Arten ausgehöhlt. Da ist auf der einen Seite die wirtschaftliche: immer weniger Medien können sich überhaupt fundierten Journalismus leisten. Alarmsignale dieser Art gibt es überall und leider auch in der Schweiz. Nebst grossen und anerkannten Medien sind aber auch kleinere – für die Demokratie ebenso wichtige Medien – gefährdet denn Inserenten bestimmen immer dreister redaktionelle Inhalte oder versuchen zumindest solche geltend zu machen.
Bis vor kurzem haben noch Viele geglaubt, dass dem Rückgang der bislang klassischen Medien ein Boom von Onlinemedien nachfolgen würde. Nur wenige Onlinemedien können es sich jedoch bislang leisten, teuren und aufwändigen Recherchierjournalismus zu pflegen, Fachjournalisten zu beschäftigen oder Auslandskorrespondenten ins Feld zu schicken. Doch sollen und dürfen wir als Medienorganisation nur jammern und immer wieder wiederholen, dass wohl der Abstieg insbesondere eines Teils des Journalismus von den Medienhäusern selber verschuldet ist?
Natürlich haben Viele – auch der Arbus – sich immer wieder an die grossen Medienhäuser in der Schweiz gewandt und gefordert man möge doch weiterhin in Journalismus investieren und in die digitale Weiterentwicklung und nicht nur Aktionäre bedienen. Der Ruf ging leider häufig in die Wüste und viele Medienhäuser betrachten Journalismus einfach als Ware und eine von vielen Möglichkeiten Gewinne zu optimieren oder zu generieren. Verantwortung scheint leider bei vielen Medienhäusern heute ein Fremdwort zu sein.
Ich glaube, dass es aber durchaus – endlich – auch Ansätze gibt damit der wichtige Journalismus nicht noch mehr verkümmert. Gezieltes Zusammenarbeiten von Medien (nicht zusammengehen) für grosse Rechercheprojekte, mehr Faktenüberprüfungen (immer sagen von wo man als Journalist etwas weiss und auch zugestehen, wenn man etwas nicht weiss) und immer wieder betonen, dass Journalismus und Journalisten etwas kosten.
Ich trauere durchaus vielen alten und gut gemachten Blättern in der Schweiz nach und bedaure deren Niedergang. Den Kopf in den Sand setzen möchte ich aber deswegen trotzdem nicht und freue mich, dass es in der Schweiz noch immer guten Journalismus gibt und auch eine Bewegung eingesetzt hat, neuartige Projekte auf die Beine zu stellen. Die „Republik“ in Zürich und „Bon pour la tête“ in der Romandie sind da nur zwei Beispiele. Wohin diese Projekte führen, wissen wir natürlich derzeit noch nicht und darum lohnt es sich nebst Neuem auch weiterhin für Gestandenes einzustehen und weiterhin für einen umfassenden Service-public-Medienanbieter SRG zu kämpfen und diesem auch auf keinen Fall die Türen zuzuschlagen, sich auch online in Szene zu setzen. Darum nimmt der Arbus auch regelmässig an den BAKOM-Vernehmlassungen teil und wird sich vor der Abstimmung über die No-Billag-Initiative zu Wort melden.
Der Arbus, die Vereinigung für kritische Mediennutzung, ist die älteste medienkritische Organisation in der Deutschschweiz. Wir wollen weiterhin engagiert und kritisch sein und freuen uns über einen Austausch mit - und Rückmeldungen von - Ihnen und danken Ihnen weiterhin für Ihre finanzielle Unterstützung.
Medienpolitik
Teilrevision RTVV 2017 - Vernehmlassungsantwort des ARBUS Schweiz
Ab 2020 sollen regionale Radioveranstalter in den städtischen Agglomerationen mehr Autonomie erhalten, da sie keiner Konzessionspflicht mit Leistungsauftrag mehr unterliegen. Dieser Vorschlag ist Teil des Revisionsentwurfs der RTVV, den das UVEK in die Vernehmlassung geschickt hatte. Der neue Text stellt ausserdem die Weichen für den Umstieg der Radioverbreitung über Ultrakurzwellen (UKW) auf die digitale DAB+-Verbreitung. Die Vorlage hat aus Sicht des Arbus gravierenden Folgen für die Radiolandschaft und die mediale Versorgung der Schweiz und der Arbus kritisiert den Entwurf wegen seiner unklaren Stossrichtung.
Die Vorlage steht unter dem Zeichen der Digitalisierung der Verbreitung der Radioprogramme. Mit den vorgeschlagenen Änderungen werden die Rahmenbedingungen für den Umstieg vom analogen UKW zum digitalen DAB+ geschaffen. Zudem wird eine Anpassung der Versorgungsgebiete der lokal-regionalen Radio- und Fernsehveranstalter mit Leistungsauftrag per 2020 vorgeschlagen.
Vernehmlassungsantwort des ARBUS
Alle Vernehmlassungen des BAKOM
Sollen die SRG Spartenradiosender abgeschafft werden?
Der Grund für die Diskussion ist die Motion der Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen des Nationalrats, welche die Abschaffung der Radio-Spartensender der SRG vorsieht. Sie argumentiert, dass diese von der SRG betriebenen Sender keinen eigentlichen Service-public-Auftrag wahrnehmen würden. Zudem könnten mit der Einstellung dieser Kanäle mehr Wettbewerb geschaffen und einige Millionen an Gebührengeldern gespart werden.
Unterdessen hat der Bundesrat zu der Motion Stellung genommen und beantragt die Ablehnung der Motion. «Der Gesetzgeber geht von der Vorstellung aus, dass im Lichte eines dynamischen Funktionsauftrages die Zulassung solcher Angebote möglich sein muss, weil in einer stark segmentierten Gesellschaft ein Teil des Publikums unter Umständen nur noch durch spezifische Angebote erreicht werden kann (…) Damit soll den zum Teil unterschiedlichen Bedürfnissen verschiedener Bevölkerungsgruppen (z. B. Jugend, Senioren usw.) Rechnung getragen werden können», heisst es in der Stellungnahme des Bundesrates.
Als nächstes muss der Nationalrat über die Motion entscheiden; diese kommt voraussichtlich in der kommenden Herbstsession zur Abstimmung.
Auch der Arbus sieht derzeit keinen Anlass die SRG Spartenradios abzuschaffen oder deren Anzahl einzuschränken.
Reduktion der SRG Spartenradios
Veranstaltungshinweis: Fairmedia
Fakten, Daten, Lügen — welchen Informationen kann ich trauen?
Ort: Juristische Fakultät der Universität Basel, Pro Iure Auditorium, Peter Merian Weg 8, 4052 Basel
Fake-News, Lügenpresse, alternative Fakten und postfaktisches Zeitalter sind neue Schlagworte im Mediendiskurs. Falschmeldungen, verwirrende und widersprüchliche Informationen in den Medien bestärken den Vertrauensverlust in die sich rasant verändernde Medienlandschaft. Für die Medien könnten Fake-News aber auch eine Chance sein. Es braucht glaubwürdige, seriöse und professionelle Medien, die nach transparenten und nachvollziehbaren Kriterien Fake-News erkennen, einordnen, widerlegen und auch selbst eine offene Fehlerkultur leben. Und dies in einer Zeit, in der sich «mit Content kein Geld mehr verdienen lässt» (Roger de Weck).
Programm:
13.30 Uhr Begrüssung: Beat Jans, Präsident Fairmedia
13.40 Uhr Was ist wahr an "Fake News"? Prof. Dr. Vincenz Wyss
14.25 Uhr Wenn Qualität nicht mehr zählt? Prof. Dr. Katharina Kleinen-von Königslöw
15.40 Uhr Pluralität der (Des)Informationsphänomene. Andre Wolf
16.10 Uhr Podium mit Esther Girsberger, Min Li Marti, Pascal Sigg, Dominique Strebel, Hansi Voigt
17.10 Uhr Schlusskommentar. Ludwig Schmid, Vorstandsmitglied Fairmedia
Fairmedia ist Mitglied des Arbus Schweiz. Fairmedia fördert fairen und unabhängigen Journalismus und will an der Tagung das Phänomen Fake-News und den Umgang mit Falschmeldungen diskutieren.
Arbus-Wellenbrecher
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Die Schweiz braucht auch weiterhin Radio- und TV-Gebühren
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Welches Gesicht soll die vierte Gewalt in der Schweiz künftig haben? Von Edith Graf-Litscher, NR SP und ARBUS Mitglied
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ARBUS Beschwerden bei VISILAB, Media Markt und Lauterkeitskommission
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Medienbeobachtungen des ARBUS
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Fairmedia. Eine Anlaufstelle für Betroffene unfairer Medienberichterstattung
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Google: Der Werbegigant sahnt weiter ab und Schweizer Werbegelder fliessen munter ins Ausland
Parlamentarische Vorstösse
Onlinemedienförderung
Der Nationalrat will Onlinemedien vorerst nicht fördern. Er hat eine parlamentarische Initiative von Edith Graf-Litscher (SP/TG und Arbus-Mitglied) am 6. Juni mit diesem Anliegen abgelehnt. Die Initiantin betonte die Bedeutung der Medien für die Demokratie. Journalistische Onlinemedien müssten daher gezielt gefördert werden können. Es gehe um die journalistische Einordnung und um demokratiegerechte Angebote, die sich heute online nicht finanzieren liessen, sagte Graf-Litscher. Kommissionssprecher Kurt Fluri (FDP/SO) warnte vor dem Eingriff in einem Bereich, in dem der Markt ein vielfältiges Angebot bereitstelle. Zudem werde das Parlament demnächst eine Auslegeordnung zum Thema Medien vornehmen. Laut Fluri wäre es falsch, vor dieser Grundsatzdebatte einen Entscheid zu einem spezifischen Problem zu fällen.
Onlineaktivitäten der SRG und die "Konzessionskonformität"
Die SRG soll dazu gezwungen werden, ausschliesslich in ihrem Kerngebiet tätig zu sein. Der Nationalrat hat letzte Woche einer parlamentarischen Initiative des Zürcher SVP-Nationalrats Gregor Rutz mit 99 zu 78 Stimmen bei drei Enthaltungen Folge gegeben.
Rutz fordert, dass der SRG nichtkonzessionierte Tätigkeiten nur bewilligt werden, wenn dafür eine zwingende volkswirtschaftliche Notwendigkeit besteht und nur Geschäftsfelder betroffen sind, in welchen nicht bereits private Anbieter tätig sind.
Die SRG dränge immer wieder in Marktbereiche vor, die nicht zu ihrem konzessionierten Auftrag gehörten, kritisierte Rutz. Als Beispiel nannte er die Online-Aktivitäten der SRG. Die SRG sei zu Dreivierteln durch Gebührengelder finanziert, sagte Rutz im Rat. In Bereichen, in denen Private und die SRG tätig seien, komme es deshalb zu Wettbewerbsverzerrungen.
Auch die vorberatende Kommission des Nationalrats hatte sich für den Vorstoss ausgesprochen. Angesichts der Entwicklungen im Medienbereich sei es sinnvoll zu prüfen, welche Aktivitäten tatsächlich von der Konzession abgedeckt seien, und die Geschäftsfelder zu definieren, in denen die Gefahr von Wettbewerbsverzerrungen bestehe.
Eine Minderheit lehnte die parlamentarische Initiative hingegen ab. Die rechtlichen Grundlagen seien ausreichend. Bereits heute könnten der SRG Tätigkeiten untersagt oder mit Auflagen belegt werden, wenn diese den Entfaltungsspielraum anderer Medienunternehmen erheblich einschränken. Die im Vorstoss geforderten Anpassungen würden gemäss der Minderheit für die SRG eine zu grosse Beschränkung darstellen.
Auch die zuständige Kommission des Ständerats hatte sich gegen den Vorstoss ausgesprochen. Ihrer Ansicht nach stützt sich die Initiative auf unbestimmte Rechtsbegriffe und hätte eine innovationshemmende Wirkung. Nach dem Ja im Nationalrat muss sich die ständerätliche Kommission noch einmal mit dem Geschäft befassen.
Sitzungsprotokoll des Nationalrats
Nutzung / Bewertung der Schweizer Radio/TV-Programme 2016
Der Wechsel von der klassischen Medientechnik zu Onlinenutzung der Medien vollzieht sich in einem Generationenwechsel. Fernsehen und Radio werden nach wie vor eher auf Fernsehern gesehen und über Radiogeräte gehört. Die Nutzung der Online-TV-Angebote findet selten und hoch selektiv statt. Allerdings sind in der Schweiz die Angebote von Streamingdiensten erst in der Entwicklung und stellen noch keine Konkurrenz dar, können sich aber zu einem neuen Faktor auf dem Medienmarkt entwickeln. Diese Entwicklung muss weiter beobachtet werden.
Die Bindung der jüngeren Nutzer an die klassischen Schweizer Radio- und TVAnbieter ist geringer als bei den Älteren, die den Medien, mit denen sie aufgewachsen sind auch dann treu bleiben, wenn sie ihren Zustand oder ihre Entwicklung kritisch sehen. Die Nutzung von Regional-TV-Angeboten war 2015 im Jahresvergleich etwas zurückgegangen. In der aktuellen Erhebung haben sich die Werte des letzten Jahres bestätigt.
Studie zur Nutzung der Radio-TV-Programme 2016
Journalismus doch nicht (ganz) gratis
Während Jahren haben nicht wenige schweizerische Zeitungsverleger einen Grossteil ihres Angebotes auch online gestellt: gratis. Nachdem jetzt immer weniger Leute sich Printabos leisten (wollen) und dort der Inseratemarkt eingebrochen ist - u.a. auch weil ja im Internet praktisch alles gratis zugänglich ist, versuchen die Verleger endlich zu reagieren. Was bei der NZZ-Gruppe, den Schaffhauser Nachrichten und anderen schon gang und gäbe ist, versucht nun auch die Tamedia.
Sie führt bei ihren bezahlten Tageszeitungen ab sofort einen neuen digitalen Tagespass ein, heisst es in einer Mitteilung. Für zwei Franken erhalten Nutzer während 24 Stunden Zugriff auf das gesamte digitale Angebot des ausgewählten Titels, inklusive E-Paper und Premiuminhalte.
Dieser Tagespass ist für die «BZ Berner Zeitung», den «Berner Oberländer», das «BZ Langenthaler Tagblatt» sowie das «Thuner Tagblatt» und den «Tages-Anzeiger» erhältlich. Im Juli folgen «24heures», «Der Bund», «Der Landbote», «Tribune de Genève», «Zürcher Unterländer» und «Zürichsee-Zeitung».
Das Angebot soll die "längerfristigen" Abonnemente ergänzen und die gelegentliche Nutzung zu einem attraktiven Preis ermöglichen, über das kostenlose Angebot hinaus vom vielseitigen redaktionellen Angebot der bezahlten Tageszeitungen von Tamedia Gebrauch zu machen, schreibt Tamedia.
Warum die Tamedia und die anderen schweizerischen Verleger solange gewartet haben mit dem nichtmehr Verschleudern ihres Angebotes, bleibt dem Arbus schleierhaft. Und die Bezahlschranken sind immer noch so löcherig, dass es auch weiterhin möglich ist den grössten Teil des Angebots der meisten schweizerischen Zeitungen kostenlos zu lesen.
Der Arbus findet es absolut unverständlich, warum den Leser/innen jahrelang vorgegaukelt worden ist, dass Journalismus nichts koste = gratis im Internet erhältlich ist. In der Zwischenzeit haben sich nämlich soviele Leute ans Gratislesen gewöhnt, dass die "20-Minuten-Gratis-Mentalität" wahrscheinlich kaum mehr wegzubringen ist. Das war keine Meisterleistung der Verleger.
Und: werden Sie Mitglied beim ARBUS!
Der ARBUS setzt sich kritisch mit Medien und der Mediennutzung auseinander. Das heisst wir nehmen Einfluss auf die Medienpolitik und setzen uns ein für die Erhaltung und Förderung gesellschaftspolitischer und kultureller Werte in den Medien.
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Mit freundlichen Grüssen