Arbus Newsletter 1/2022
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Abstimmung vom 13. Februar 2022 über das Medienpaket
In knapp einem Monat stimmen wir über das Bundesgesetz über ein Massnahmenpaket zugunsten der Medien ab. Es ist nicht häufig, dass wir als StimmbürgerInnen zum Thema Medien an die Urne gerufen werden. Das letzte Mal war dies 2018 der Fall. Dannzumal ging es um die schlussendlich überaus deutlich abgelehnte «No Billag»-Initiative.
Bei der Abstimmung über das Medienpaket am 13. Februar geht es um die Stärkung von lokalen und regionalen Medien, um die erstmalige Unterstützung von Online-Medien und die erweiterte Unterstützung von Lokalradios und Regionalfernsehen. Was häufig etwas untergeht in den Diskussionen um das Medienpaket: auch über die Erhöhung der Unterstützung für Nachrichtenagenturen, mediale IT-Projekte, Branchenorganisationen (wie den Presserat) sowie mehr Mittel für die Aus- und Weiterbildung von JournalistInnen stimmen wir ab.
Zumindest über einen Punkt besteht mehr oder weniger Konsens: Medien in der Schweiz bedürfen vermehrter Unterstützung. Da wir fast immer über Kompromissvorlagen abstimmen, gibt es auch beim Medienpaket von links bis rechts KritikerInnen.
Einer der Zankäpfel des Medienförderungspaketes ist die erstmalige, gezielte Förderung von Online-Medien. Das Medienpaket sieht vor, dass Online-Medien, die sich bislang über Abos und GönnerInnen finanzieren, von einer künftigen Unterstützung profitieren können. Leer ausgehen sollen Titel, die ausschliesslich über Werbung finanziert werden. Was den GegnerInnen des Medienpaketes ganz und gar nicht passen will, ist die Tatsache, dass bei Annahme des Medienpaketes ein Paradigmenwechsel vollzogen wird. Die bislang übliche indirekte Medienförderung soll ergänzt werden durch eine zeitlich befristete direkte Medienförderung. Und schon sind wir – diesen Begriff haben wir auch bei der No-Billag-Initiative des öftern gehört – wieder beim Lieblingsbegriff der Rechten: in der Schweiz würde es künftig «Staatsmedien» geben. Auch wenn die direkte Medienförderung in der Schweiz noch unerprobt ist, bin ich dezidiert der Meinung, dass diese Förderungsart unbedingt eingeführt werden soll. Die Angst der GegnerInnen, dass dann alle nicht geförderten Online-Medien den Stecker ziehen müssen, teile ich überhaupt nicht. Dieser Teil des Medienpaketes wird aus der Bundeskasse bestritten und untersteht einer Befristung auf sieben Jahre.
Beim zweiten Punkt im Medienpaket geht es um eine Erhöhung der Vergünstigung der Postzustellung von abonnierten Zeitungen und Zeitschriften von heute 30 auf neu 50 Millionen Franken sowie der Vereins- und Stiftungspresse von heute 20 auf 30 Millionen Franken pro Jahr. Zudem wird neu auch eine Vergünstigung der Früh- und Sonntagszustellung von Zeitungen im Umfach von 40 Millionen Franken pro Jahr eingeführt. Diese – indirekte – Presseförderung gibt es bereits seit 1849 und ist also nichts Neues. Bezahlt wird die indirekte Presseförderung aus der Bundeskasse und die Erhöhung ist auf sieben Jahre befristet. Wenn die GegnerInnen des Medienpaketes monieren, dieses sei auf die grossen Medienhäuser ausgerichtet: ganz unrecht haben sie damit nicht. Insbesondere profitieren die grossen Verlage bei der Sonntags- und Frühzustellung wo neu die Obergrenze von 40'000 Zeitungen aufgehoben wird. So kommt es, dass neu auch die TA-Zeitungen, der Blick, die NZZ und Zeitungen der CH-Medien von der indirekten Presseförderung profitieren. Ich halte mich da aber lieber an eine andere Optik: Ein nicht kleiner Anteil des Geldes der indirekten Presseförderung geht an die kleinen und mittleren Verlage. Aus meiner Sicht ist es trotz meiner persönlichen Skepsis nicht richtig zu behaupten, dass die grossen Verlage Millionen bekämen, die sie nicht brauchen.
Beim dritten Punkt im Medienpaket werden die privaten Radio- und Fernsehstationen nochmals mehr Geld erhalten. Neu werden es insgesamt 109 Millionen Franken pro Jahr sein. Für mich ist unbestritten, dass auch private Radio- und Fernsehstationen von Gebührengeldern profitieren sollen. Das seit Jahren gelebte System, dass nebst der SRG auch private elektronische Medien Gelder erhalten, ist gut eingeführt. Wenn wir qualitativ guten regionalen Journalismus bei den privaten Radios und TV-Stationen wollen, kostet dies. Diskutabel und durchaus zu hinterfragen ist wohin genau die zusätzlichen 28 Millionen Franken für die Privaten gehen sind doch einige Grossverlage (insbesondere CH-Media) an privaten Radio- und Fernsehstationen beteiligt oder deren Besitzer. Somit erhalten diese noch mehr Gelder aus den Gebühren. Da auch (Gross)Verlage heute aus Newsrooms arbeiten, dürfte es schwierig sein genau abzugrenzen, ob die Gebührengelder nur in Radio- und Fernsehbeiträge fliessen oder auch in andere Teile der Verlage.
Beim vierten Punkt geht es um die Erhöhung der Unterstützung für Nachrichtenagenturen, mediale IT-Projekte, Branchenorganisationen wie den Presserat sowie um Aus- und Weiterbildungen für JournalistInnen. Diese Massnahme und Beträge, welche alles aus der Radio- und Fernsehabgabe stammen, unterstütze ich voll und ganz.
Fazit: Das Medienpaket über welches wir am 13. Februar abstimmen hat diverse Unschärfen. Den ausgehandelten Kompromiss abzulehnen würde dazuführen, dass die indirekte Presseförderung nicht ausgebaut würde, das Genre Online-Medien gar keine Fördergelder erhielte und dass die Unterstützung der privaten Radio und Fernsehstationen beim Status quo verbleibt. Das kann man wollen. Weitsichtig wäre das aus meiner Sicht aber nicht und trägt der Krise, in welcher sich unsere Medien befinden, nicht Rechnung. Es wäre unschön und unerträglich unser doch noch gut funktionierendes einheimisches Mediensystem nicht zu erhalten. Der Auslandseinfluss von Medien wird immer grösser und die Abwanderung von Werbegeldern ebenfalls. Wenn wir weiterhin eine gute und ausgewogene Berichterstattung in allen Regionen des Landes wollen, müssen wir das Medienpaket am 13. Februar annehmen und aber bei der Evaluation der Massnahmen in vier Jahren genau hinschauen.
Ich freue wie immer auf Rückmeldungen (an info@arbus.ch), wünschen Ihnen viel Lesevergnügen und gute Gesundheit.
Daniel Römer, Präsident ARBUS Schweiz
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